Ein fröhliches Spiel mit der Welt
Als Kind hasste ich es, wenn jemand ein Bild von mir machte, und so rollten so manche Krokodilstränen, sobald eine Kamera auf mich gerichtet wurde. Der Gedanke, selbst einmal eine in der Hand zu halten? Unvorstellbar!
Doch dann kam 2009: England, freiwilliges soziales Jahr – und die Idee, dieses Abenteuer festzuhalten. Kamera gekauft, zwei SD-Karten eingepackt, alles auf „Auto“ gestellt und einfach drauflos geknipst. Technisches Wissen? Fehlanzeige. Aber plötzlich war da diese magische Verbindung zwischen mir und der Welt – durch die Linse. Und schwupps, der Startschuss für meine Fotografie war gefallen, ganz ohne Plan.
Die Kamera wurde mein treuer Reisebegleiter, und ich hatte das Glück, viele fremde Länder bereisen zu dürfen. Ich zog durch Straßen und hielt das Leben so fest, wie ich es fühlte. Exakte Technik? Nicht wirklich mein Ding. ISO? Blende? Verschlusszeit? Puh, Hauptsache, es fühlte sich richtig an. Genau wie im Rest meines Lebens folge ich auch hier meinem Bauchgefühl. Der Auslöser wird gedrückt, wenn der Moment passt – und das hat bisher immer funktioniert. Sicherlich sind viele meiner Bilder keine Meisterwerke, aber ein paar finde ich wirklich gelungen und freue mich, sie mit der Welt zu teilen.
Mit der Zeit begann ich, die Welt ganz anders wahrzunehmen. Durch die Fotografie sehe ich viel wachsamer auf Details, die ich früher übersehen hätte. Ich liebe es, mich völlig meinem Bauchgefühl hinzugeben und einfach loszuziehen, ohne Plan – nur ich, meine Kamera, eine Linse und ein paar Batterien. Wachsam und neugierig streife ich durch die Straßen und Felder dieser Welt und lasse mich treiben.
Meine Faszination für die Natur wuchs mit der Zeit immer mehr, besonders für die kleinen, oft übersehenen Details. Die Makrofotografie zog mich in ihren Bann, und 2018 entschloss ich mich, meine Fähigkeiten zu vertiefen. Ich nahm an ein paar Kursen teil, darunter Makrofotografie und Experimentelle Fotografie. „Experimentell“ klang nach Abenteuer und Rebellion – genau mein Ding. Viele Techniken, die ich dort lernte, hatte ich schon intuitiv angewendet, aber die Mehrfachbelichtung war neu für mich. Als ich mein erstes surreal-abstraktes Bild damit schoss, war ich fasziniert – so konnte man die Welt also auch sehen.
Heute hat sich meine Fotografie von der reinen Dokumentation in den Straßen und der Natur zu einer Art künstlerischem Malen entwickelt. Statt nur festzuhalten, gestalte ich meine Bilder – oft mehr aus dem Bauchgefühl als durch die Linse. Die Straßen- und Naturfotografie liebe ich noch immer, aber die experimentelle Seite, die ich „Lila“ nenne, ist mein kreativer Spielplatz. Zurzeit bin ich ganz in diese Welt eingetaucht. Wenn ich durch die Straßen fremder Orte ziehe, dokumentiere ich nicht mehr, ich spiele und kreiere mit dem, was ich sehe.
Wenn ich durch den Sucher schaue, vergesse ich oft alles um mich herum. Ich tauche völlig in den kleinen Ausschnitt der Kamera ein und bin ganz im Moment. Diese Fokussierung bringt mich immer wieder in einen Flow, in dem ich die Welt auf neue, kreative Weise festhalte.